Warum du dein Wissen verschenken solltest, um erfolgreich zu sein
Herr Kauert, ich kann doch mein Wissen nicht verschenken, dann bucht mich ja keiner mehr.
Das sagte letztens eine Kundin zu mir, als ich ihr genau das geraten habe: Wissen verschenken. Die Dame ist Bewerbungs-Coach, sie bringt Menschen bei, wie man den Lebenslauf richtig formuliert und wie man bei Personalern ankommt. Sie wollte mit ihrer Webseite und ihrem Angebot sichtbarer werden. Die Seite war an sich gut gemacht, bestand aber lediglich aus knappen Informationen über die Kundin und ihr Angebot. Also der typische Dreiklang:
>> Über mich >>Leistungen >>Referenzen
Dagegen ist an sich auch nichts einzuwenden. Es braucht nur heute mehr, wenn man sichtbar sein will – gerade als Berater.
Die 3 Denkfehler von Beratern
Mir begegnen immer wieder Denkmuster bei Kunden aus dem Bereich Beratung, die für die Sichtbarkeit hinderlich sind. Dazu gehören u. a. diese:
1. Menschen suchen nach Lösungen
Viele Berater bieten auf Ihrer Webseite unter „Angebot“ ihre Lösungen an. Also z. B. „Familienaufstellung“
Ich behaupte aber, dass die meisten Klienten die Lösung für ihr Problem noch gar nicht kennen. Machen kennen ja noch nicht mal das Problem. Diese Menschen suchen in der Regel nach Symptomen, etwa „meine frau kommt mit meiner familie nicht klar“. Sichtbar werde ich eher dann, wenn ich Inhalte veröffentliche, nach denen mein Wunschkunde sucht. In dem Fall kann das ein Blogartikel sein mit dem Titel:
- Was Sie tun können wenn Ihre Frau mit der Familie nicht klar kommt
2. Ich werde aufgrund meines Wissens gebucht
Gerade Coaches gehen oft davon aus, dass man sie primär aufgrund ihres Fachwissens bucht.
Ich halte es jedoch für unwahrscheinlich, dass jemand „Bewerbungscoach München“ googelt , kurz einen Blick auf Leistungen und Referenzen wirft und dann eine Anfrage stellt. Die Erfahrung zeigt, dass ein anderer Weg deutlich mehr Erfolg verspricht: Coaches müssen mit ihrer Expertise und ihrer Art zu arbeiten sichtbar werden. Dafür bietet das Internet heute alle Chancen (wie das konkret funktioniert, liest du weiter unten).
Denn eines muss man klar sagen: Es gibt da draußen hunderte Berater, die das gleiche tun.
Ein Coach, der mir im Netz immer mal wieder mit guten Fachartikeln begegnet, vielleicht sogar weil mein Netzwerk diese freiwillig teilt, der ist eher auf meinem Schirm als jemand, den ich nur über eine Webseite mit seinem Angebot und einer kurzen „Über mich“-Seite kenne. Wenn er das dann noch angenehm sympathisch macht, entsteht da eine Verbindung. Gerade bei Coaches und Beratern bucht man am Ende nicht das reine Fachwissen, sondern die Methode und die Art wie jemand arbeitet. Das hat z. B. mit Sympathie zu tun, mit Vertrauen, wie sich jemand gibt und kommuniziert.
3. Wenn ich mein Wissen verschenke, verdiene ich weniger
Aus vielen Gesprächen mit Beratern, die bereits Wissen verschenken, weiß ich: Das Gegenteil ist der Fall. Diejenigen, die im Netz sehr sichtbar sind mit Blogartikel, Social Media Profilen oder Videos, haben mehr Erfolg als jene, die ihr Wissen streng für sich behalten. Man muss sich klar machen: Das wertvolle Gut ist nicht das Wissen, es ist die Person an sich! Wenn ich auf Youtube den Vortrag eines Experten in voller Länge finde und davon begeistert bin, werde ich ihn für meine Veranstaltung auch anfragen.
Ein Steuerberater, der ganz viel Fachwissen rund um legale Steuer-Tipps in einem Blog veröffentlicht, wird am Ende noch immer dafür gebucht, den nervigen Teil zu übernehmen: Die Steuererklärung.
Wie ich einen Anwalt suchte – und fand
Noch ein Beispiel aus der Praxis: Ich erhielt vor einiger Zeit einen dieser unschönen Briefe, die mit dem Wort „Abmahnung“ überschrieben sind. Ich hatte tatsächlich bei einem Bild auf einer Webseite vergessen, den Namen des Fotografen anzugeben. Ein Bild, das extra frei zur Verfügung gestellt wurde. Dennoch muss natürlich der Urheber dazu geschrieben werden. So weit, so dumm von mir. Allerdings war die geforderte Summe im mittleren vierstelligen Bereich etwas sehr dreist, weswegen ich einen Anwalt gesucht habe.
Ich hätte nun bei Google nach „Anwalt Urheberrecht Berlin“ suchen können. Habe ich aber nicht. Stattdessen habe ich nach „Abmahnung durch Max Mustermann“ gesucht, also konkret nach demjenigen gegoogelt, der mich da abgemahnt hatte. Was ich fand, war ein Artikel auf der Webseite eines Anwalts. Dort beschrieb er, dass der besagte Fotograf ein alter Bekannter in Sachen Abmahnungen ist und seine Kanzlei schon viele Fälle gegen ihn gewonnen hat. Dazu gab es aktuelle Urteile und eine Beschreibung wie man gegen solche Art von Abmahnungen am besten vorgeht.
Bingo! Genau was ich gesucht hatte: Jemanden der sich mit genau dem Problem auskennt, das ich gerade habe. Er war also im richtigen Moment mit dem richtigen Thema präsent. Hier schließt sich auch der Kreis in Richtung Suchmaschinenoptimierung: Ich muss mit den Themen im Internet präsent sein, die meine Wunschkunden im suchen.
Wissen verschenken – wie mache ich das jetzt konkret?
Du fragst dich jetzt vielleicht: Schöne Geschichten Rico, aber wie fange ich das jetzt an mit dem Wissen verschenken? Dafür will ich einen kleinen Leitfaden geben.
1. Definiere deinen Wunschkunden
Bevor du Inhalte erstellst und Wissen verschenken kannst, musst du eine Idee davon haben, wen du überhaupt erreichen willst. Stell dir also deinen Wunschkunden als konkrete Person vor. Was sind ihre oder seine Wünsche, Probleme, Fragen? Das kann ruhig so konkret sein, dass du ein fiktives Personenprofil aufschreibst und z. B. sagst:
Du: Coach für Mütter, die wieder in den Job einsteigen wollen.
Wunschkundin: Mona, 33, Mutter mit dem ersten Kind, wohnt in Hamburg, muss nun nach der Schwangerschaft den Einstieg in den Beruf wieder schaffen. Vor welchen Herausforderungen steht Mona? Was für Fragen stellt sie sich momentan? Mit wem und wo tauscht sie sich darüber aus? Was und wer kann ihr jetzt konkret weiterhelfen?
2. Erweitere deine Webseite um einen Blog
Ob du es „Blog“, „Wissen“, „News“ oder „Aktuelles“nennst, nutze die Blogfunktion (z. B. in WordPress), um den Themen Raum zu geben, die keine statische Seite auf deiner Webseite „verdient“ haben. In einem Blog kannst du als Anwalt aktuelle Probleme und Urteile thematisieren, nach denen Menschen googeln. Du kannst als Ernährungsberaterin über „Glutenfreie Brote, die wirklich schmecken“ schreiben und als Steuerberater „7 legale Steuertricks, die kaum jemand kennt“ verraten.
Deine Themen brauchen eine redaktionelle Heimat. Die bietet ein Blog. Zudem werden Blogartikel oft gut bei Google gefunden. Es braucht dafür aber ein relevantes Thema und eine optimierte Überschrift . Und dann heißt es: Dranbleiben. Regelmäßig veröffentlichen. Relevant sein. Und vorher überlegen, ob man gern schreibt. Wen nicht, ist vielleicht ein Video-Blog das bessere Format.
Ich empfehle immer einen Mix aus Fachwissen und Persönlichkeit.
Beispiel für einen Artikel im Bereich Fachwissen:
- Wie du ein Anschreiben formulierst, das garantiert gelesen wird
- So baust du deinen Lebenslauf richtig auf
Beispiele für einen Artikel im Bereich Persönlichkeit:
- Früher hatte ich Angst vor Bewerbungsgesprächen, heute bin ich Bewerbungs-Coach
- Wie meine 3C-Methode einer Bewerberin zum Traumjob verholfen hat
3. Sei präsent in sozialen Netzwerken
Ob Berater, Startup oder Verkäufer eines Fitness-Drinks. Wissen verschenken und teilen kann fast jeder. Es muss nur wirklich gut und relevant sein. Damit das Teilen aber funktioniert, brauchst du ein Netzwerk. Der Content gehört in den Blog, Social Media ist dann der Ort für die Promotion und den Dialog.
Erstelle eine Seite auf Facebook, beantworte Fragen in Facebook-Gruppen oder setze eine eigene Gruppe auf, mit der du anderen hilfst. Sei präsent auf Xing, aber bitte dezent und auch mit dem Fokus „Wissen teilen“, niemals als nerviger Vertriebler. Leg dir ein Profil bei Twitter an und höre zunächst zu, was andere zu deinem Thema so schreiben. Erst dann klink dich ein, gib Rat und poste Artikel an Stellen wo es passt. Auch auf Portalen wie GuteFrage.net oder in Foren kannst du dein Wissen teilen. Immer mit Bedacht und dem Fokus wirklich helfen zu wollen. Es heißt zunächst ganz viel zu geben, dann kommt in der Regel auch viel zurück. Wenn du etwas fortgeschrittener bist, kannst du auch Videos auf Youtube veröffentlichen.
4. Mache (dir) dein Angebot klar
Bei all dem kostenlosen Wissen sollte natürlich für dich und für deine Kunden klar sein, wo dein kostenpflichtiges Angebot beginnt. Das definierst allein du. Ob das dann persönliche 1:1-Beratungspakete sind oder Online-Kurse, Bücher oder die Erstellung einer Webseite – das hängt ganz von deinem Geschäftsmodell ab. Wichtig ist, dass du dir das im Vorfeld überlegt hast.
Für Fortgeschrittene: Erstelle einen Lead-Magneten
So kann ein Lead-Magnet beworben werden
Ich denke wer bisher noch gar nichts veröffentlicht hat, für den ist die Variante „Themen entwickeln, darüber schreiben und das ganze via Social Media verbreiten“ erstmal ein guter Weg.
Wer es noch professioneller angehen will, der kann sein Wissen verschenken und gleichzeitig die interessierten Leser in Newsletter-Abonnenten verwandeln. Das geht mit einem so genannten Lead-Magneten. Hier verschenkt man einen wirklich wertigen Inhalt und verknüpft das Geschenk mit der Eingabe der E-Mail Adresse. Es ist also mehr ein Tausch. Ich mache das z. B. mit meiner kostenlosen SEO-Checkliste, die du gegen die Angabe deiner Mailadresse herunterladen kannst. Das ist aber halbwegs komplex und der Artikel ist jetzt schon sehr lang geworden. Daher erkläre ich das noch mal in einem Extra-Artikel 🙂
Übrigens. Dr. Kerstin Hoffmann hat zu dem ganzen Thema „Wissen verschenken“ ein Buch mit dem Titel „Prinzip kostenlos“ geschrieben, das ich sehr empfehlen kann(es gibt momentan nur das eBook, da es zum richtigen Buch demnächst eine Neuauflage gibt).
*Transparenz: Der Buchtipp ist mit dem Amazon-Partnerprogramm verbunden.